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Eine kurze Geschichte…des deutschen Whiskys

In Deutschland trinkt man im Norden Korn und im Süden wird sich ein Obstler genehmigt. Dazwischen gibt es Bier und Wein. Und damit hat sich das auch erledigt, oder etwa nicht? Oder stimmt es sogar, dass es in Deutschland heutzutage wirklich mehr Whisky-Brennereien als in Schottland gibt, dem Mutterland des Whiskys? Zählt man alle deutschen Brennereien, die ausschließlich oder auch Whisky produzieren, dann scheint das wirklich zu stimmen. Auch wenn die Menge natürlich nicht mit den schottischen Whisky-Brennereien mithalten kann. Lange Zeit hatte man Deutschland nicht im Sinn, wenn man über bekannte Whisky-Länder sprach. Doch die Zeiten ändern sich. Es gibt mehr als genug Gründe, genauer gesagt, über 400, einmal einen Blick auf die Geschichte des Whiskys aus Deutschland zu werfen.

Deutscher Whisky – eine Nachkriegsgeschichte

Die Deutschen sind nicht gerade die Vorreiter in Sachen Destillation feiner Brände aus Getreide. Die hohe Kunst der Destillation fand ihren Weg aus den arabischen Ländern zunächst auf die Inseln Europas. In Schottland und Irland brannte man schon frühzeitig, vor allem in den Klöstern, Alkohol nicht mehr nur für medizinische Zwecke. Reichlich vorhandene Getreidefelder, Torfvorkommen für das Darren der gemälzten Gerste und nicht zuletzt reines klares Wasser aus den vielen Quellen und Flüssen der bergigen Landschaften waren die Grundstoffe für die „Erfindung“ des Whiskys. Dieser Brand, das Wasser des Lebens (Uisge beatha), eroberte die Welt, auch, wenn dies ein paar Jahrhunderte dauern sollte.

Auch nach Zentraleuropa trugen die fleißigen Prediger, Mönche und Handelsreisenden das Geheimnis der Destillation. Doch anders als auf den britischen Inseln, war man in Deutschland eher den Früchten und Trauben angetan. Vergoren als Wein trank man sie schon viele Jahrhunderte. Nun brannte man die aromatischen Früchte und Trauben, aber auch Korn, zu Schnaps. Ein Wort, welches unübersetzt in viele Sprachen der Welt Einzug gefunden hat. Niemand in Deutschland kam auf die Idee, aus einem Bier, der Grundlage für einen Whisky, einen Brand herzustellen. Allerdings gab es schon um 1900 Kornbrände, die im Fass lagerten. Im weitesten Sinne könnte man sie als Whisky bezeichnen, wenn da nicht die Regularien wären, die vor allem die Schotten und Iren aufsetzten, um zu definieren, was ein Whisky eigentlich ist.

Die Anfänge in den 1950-er Jahren

Nach dem Zweiten Weltkrieg brachten die Siegermächte, und betrachtet man die Geschichte des Whiskys, vor allem die Amerikaner, nicht nur den Frieden, sondern auch ihre Kultur, das Essen und auch die Getränke mit.

Während man in Deutschland weiterhin gemeinhin Bier und einen Korn, oder im Süden einen Fruchtbrand trank, brachten die Alliierten andere alkoholische Getränke ins Land. Amerikaner tranken Bourbon, die Briten schworen auf Scotch, Franzosen brachten Cognac und Wein und die Russen den Wodka ins Land. Whisky, bis dahin in Deutschland relativ unbekannt, wurde zu einem Prestige-Objekt. Zum einen weil die Preise für die Importware exorbitant hoch waren, zum anderen, weil die klischeehaften Bilder des Whisky trinkenden Helden der amerikanischen Film- und Musikkultur die (west)deutsche Bevölkerung enorm beeindruckten.

Im Jahr 1958 war es dann soweit. Der erste in Deutschland produzierte Whisky kam auf den Markt. Der Produzent hieß Racke und der Whisky trug den schönen Namen „Red Fox Whisky Blend“. Das Ganze war ein Verschnitt aus schottischen Whiskys und deutschen Kornbränden, die man bei Racke selbst herstellte. Schon 1961 wurde der „Whisky“ umbenannt, denn die Schotten hatten wohl berechtigterweise Angst davor, dass man tatsächlich glauben könnte, dass es sich bei dem Brand um schottischen Whisky handeln könnte. Von nun an hieß der deutsche Whisky „Racke Rauchzart„, und unter diesem Namen kennt ihn so mancher graue Fuchs unter den Whiskyliebhabern, der die 50 schon längst hinter sich gelassen hat.

Deutscher Whisky und die amerikanische Konkurrenz – die 1980-er Jahre

In den 1970-er Jahren dann hatten viele Deutsche ihre ersten prägenden Begegnungen mit dem Whisky. Dank großer Galonen-Lieferungen aus den USA (übrigens nicht ganz legal) wurde der Brand langsam auch bezahlbar. Leider kamen mit dem Whisky auch Übelkeit, Kopfschmerzen und ein mächtiger Kater. Man trank viel, man trank schnell und man trank eben auch Whiskys, die hinsichtlich ihrer Qualität ziemlich niedrig eingeordnet werden müssen.

Doch nicht nur einfacher amerikanischer Bourbon und Blended Whisky, sondern auch mehr und mehr Malts aus Schottland und Irland fanden ihren Weg in die deutschen Gaumen. Des Deutschen liebste Lust, das Reisen, hatte begonnen. Man brachte Irish Whiskey und Scotch mit nach Hause. Glenfiddich erklomm die deutschen Supermarktregale. Doch insgesamt hatten die schottischen und irischen Whiskys es in Deutschland schwer. Zu teuer, zu intensiv, zu ungewohnt im Geschmack, zu trocken, zu torfig…die Liste ließe sich endlos fortführen. Dominierend waren aber weiterhin die amerikanischen Whiskeys, die mit Jim Beam und Jack Daniels den deutschen Markt eroberten.

Der erste echte Deutsche Whisky

Was ist denn nun mit dem deutschen Whisky? Neben dem Racke Rauchzart, den man eigentlich nicht so richtig als Whisky bezeichnen kann, gab es aus deutschen Brennereien lange Zeit nichts. Erst im Jahr 1982 war es soweit. Der erste deutsche Whisky sollte auf den Markt kommen. Damals wurde die Brennerei Robert Fleischmann offiziell in Betrieb genommen. Schon am 11. März 1982 setzte man die Getreidemaische an, die dann unter der Aufsicht des Zollbeamten Walter Schraub destilliert wurde. Die Blaue Maus legte den Grundstein für die deutsche Whiskyproduktion.

Der Aufstieg des deutschen Whiskys um die Jahrtausendwende

Lange Jahre nach der Blauen Maus war es weiterhin ruhig um den deutschen Whisky. Erst mit den 1990-er Jahren und zu Beginn des 21. Jahrhunderts begannen mehr und mehr Brennereien, die sich typisch deutsch auf Obstbrände und Weinbrände beschränkten, auch Whisky zu destillieren und reifen zu lassen. Den ersten großen Meilenstein nach der Blauen Maus setzte die Brennerei Slyrs. Ebenfalls in Bayern beheimatet, brachten die beiden Destillateure der Lantenhammer-Brennerei, Hans Kemenater und Tobias Maie, den Slyrs Bavarian Single Malt Whisky auf den Markt.

Nun ging es Schlag auf Schlag. Immer mehr Brennereien wandten sich der Whisky-Produktion zu. Die meisten von ihnen brannten nicht ausschließlich Whisky, sondern erweiterten ihre Produktpalette um den feinen goldenen Brand. Bemerkenswert aber ist, dass bevorzugt Single Malt und Malt Whisky in schottischer Tradition gebrannt wird. Jener Whisky, den man im 20. Jahrhundert kaum trank, und der in den Supermarktregalen auf Grund seiner Preise und seines Geschmackes kaum Chancen hatte. Interessanterweise begann die deutsche Whisky-Kultur in Bayern und konzentriert sich hier auch heute noch besonders. Slyrs folgten Stonewood, Beverbach, Liebl, Rothaus im Schwarzwald, St. Kilian in Franken und finch in Nellingen. Ein weiterer sehr bekannter Name unter den deutschen Whiskybrennern ist auch Heinrich Habbel mit seiner Hillock Park Destillerie in Sprockhövel.

Whisky in Deutschland heute

Heute übersteigt die Zahl der Brennereien, in denen man sich dem Whisky ganz oder teilweise verschrieben hat, die 400-er Marke. Damit gibt es in Deutschland weit mehr Whisky-Brennereien als in Schottland. Aber man muss relativierend sagen, dass der jährliche Ausstoß in Liter weit unter dem der Schotten liegt.

Die meisten Brennereien in Deutschland fertigen von Hand, sind kleine hand-crafted-Brennereien, die viel experimentieren und nur wenige Mengen des goldenen Brandes verkaufen. Einige allerdings haben es auch schon auf den internationalen Markt geschafft und Anerkennung bekommen. In den letzten 10 bis 15 Jahren hat sich die deutsche Whiskybrenner-Zunft enorm entwickelt, nicht nur zahlenmäßig. Waren die meisten deutschen Whiskys für so manchen noch zur Jahrtausendwende untrinkbar, haben sich viele nun zu exzellenten Geschmacksbomben entfaltet, die es wert sind, einmal probiert zu werden.

Tipp: Eine kleine Übersicht und die besten Whiskys aus Deutschland haben wir hier zusammengestellt.

Und jetzt wünschen wir viel Spaß beim Probieren und wie so oft immer eine Handbreit (deutschen) Whisky im Glas.


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