Bei welcher Temperatur sollte man Whisky trinken?
Whisky-Freunde haben nicht nur eine meist sehr große und vielfältige Auswahl im Barschrank, sondern auch unterschiedliche Sorten von Gläsern. Das ist wichtig, wissen Whiskykenner. Denn je nachdem, welchen Whisky man genießen möchte, muss auch das richtige Glas dafür da sein. Dicke Tumbler, zarte Nosing-Gläser und robuste Glencairn-Gläser stehen bereit, um Bourbon, Irish Whiskey, Blend und feinen Single Malt den Raum zur optimalen Entfaltung zu geben. Doch eines wird selbst bei vielen Whisky-Tastings oftmals vergessen: die richtige Temperierung des goldenen Brandes. Bei welcher Temperatur sollte man Whisky trinken? Genießt man amerikanischen Bourbon wirklich „on the Rocks“? Muss schottischer Single Malt eine besondere Temperatur haben? All diese Fragen werden wir in diesem Beitrag beantworten.
Whisky trinken – die richtige Temperatur ist wichtig
Schon als wir uns damit beschäftigt haben, wie man Whisky richtig trinkt, sind wir schon kurz auf die richtige Temperatur eines Whiskys im Glas eingegangen. Auch in unserem Beitrag zur Whisky-Verkostung kam die Temperatur schon kurz zur Sprache. Je nachdem, wie kalt oder warm ein Whisky serviert und getrunken wird, haben die Aromen und feinen Nuancen des goldenen Wassers des Lebens mehr oder weniger Raum, um sich zu entfalten. Die Temperatur ist, genauso wie das richtige Glas für den Whiskygenuss von großer Bedeutung.
Bei all den Debatten darum, wie man das „Uisge Beatha“ nun wirklich richtig trinkt, darf man aber eines nie aus den Augen verlieren: erlaubt ist, was gefällt. Wer seinen Whiskey kalt genießen will, soll das tun, verzichtet aber vielleicht auf ein paar Aromen, die sich nur bei Zimmertemperatur optimal entfalten können. Es hängt aber nicht nur von der Zunge des Genießers, sondern vor allem vom Whisky selbst ab, ob er kälter oder wärmer seine spezielle Charakteristik optimal präsentiert.
Dennoch gibt es ein paar prinzipielle Regeln und Tatsachen, die man nicht ignorieren sollte, will man den Whisky in all seiner Vielfalt und Komplexität genießen.
Whisky bei Zimmertemperatur trinken
Die meisten Whisky-Liebhaber und Experten sind sich einig: Whisky trinkt man am besten bei einer Temperatur von 18 bis 22 Grad Celsius. Dies gilt vor allem für hochwertige Single Malts mit einem vollen Körper und komplexer Aromenvielfalt. Achten Sie dabei weniger auf den Preis, (wobei der natürlich auch eine Rolle spielt), sondern mehr auf das Alter und die Tasting-Notes der Brennerei, wenn Sie sich für eine Temperatur entscheiden.
Als Faustregel gilt hier: Je älter ein Whisky wird, desto wichtiger und auch höher wird die Temperatur, bei der man ihn trinkt.
Manches Mal wirken die Aromen doch noch ein bisschen verschlossen. Dann gibt es zwei Möglichkeiten, um den Geschmack noch etwas herauszukitzeln. Zum einen kann man den Whisky, der vielleicht nur knappe 18 oder 19 Grad hat, noch eine Weile in der Hand erwärmen. Das geschieht ganz automatisch, wenn man das Nosing- oder das Glencairn-Glas eine Weile länger in der Hand hält und dabei leicht hin und herlaufen lässt. Schon ein Grad Celsius mehr, erzeugt durch die Handwärme, kann wahre Wunder bewirken.
Die zweite Methode hat sich in den letzten Jahren vom Gerücht zur wissenschaftlich bewiesenen Tatsache gemausert. Wenn man dem Whisky einige Tropen Wasser gönnt, dann entpuppen sich so manche Geschmacksnoten, die in der abgefüllten Trinkstärke etwas im Hintergrund stehen. Hier kommt es auf die Menge des möglichst mineralarmen Wassers an. Erfahren Sie mehr darüber, wann und wie man Whisky mit Wasser verdünnen sollte, in unserem detaillierten Beitrag.
Whisky angewärmt trinken
Trinkt man Whisky bei Zimmertemperatur, hat man also in den meisten Fällen die optimale Geschmacksentfaltung auf der Zunge und am Gaumen. Doch man kann Whisky auch noch etwas wärmer genießen. Erwärmt man den goldenen Brand beispielsweise auf ungefähr 25 Grad, bemerkt man wiederum eine andere geschmackliche Wahrnehmung des Whiskys. Süße, malzige und torfige Nuancen treten nun noch stärker in den Vordergrund als schon bei Zimmertemperatur.
Den Whisky noch etwas wärmer zu genießen, empfiehlt sich vor allem bei sehr alten Jahrgängen. Whisky, der sehr lange im Fass gelagert hat, soll sich so am besten entfalten. Durch die lange Zeit im Fass hat der Brand sehr viele Tannine, Polypherole und Restsüße aus dem Fass aufgenommen. Diese nimmt man bei einer höheren Temperatur im Mund besser wahr. Haben Sie also beispielsweise einen 30-jährigen Glenfarclas oder Ardmore im Glas, sollten Sie ihn einmal mit 25 Grad probieren.
Kann man Whisky auch richtig heiß trinken?
Im kalten Winter mögen die Deutschen ihren Glühwein oder auch einen guten steifen Grog. Bei kalten Temperaturen Alkohol wie Wein oder Schnaps auch einmal ganz heiß zu trinken, ist also in Ordnung. Doch geht das auch mit Whisky? Tatsächlich gibt es einen besonderen Drink, bei dem man Whisky nicht nur ein bisschen erwärmt, sondern richtig heiß macht – den Hot Toddy. Für diesen angeblich Grippe und Erkältung vorbeugenden Drink wird der Whisky erhitzt und mit Gewürzen wie Zimt und Kardamom sowie mit Orange, Zitrone und Honig versetzt. Das schmeckt sicherlich lecker und wärmt auch ordentlich. Aber man muss auch zugeben, dass die feinen Aromen des Whiskys dabei ganz sicher durch die Beigaben und die sehr hohen Temperaturen verloren gehen. Zu hohe Temperaturen wirken ähnlich wie eiskalte Temperaturen auf einen Whisky. Sie nehmen sehr viele Geschmacksnuancen weg. Es kann aber nicht schaden, zumindest einmal einen Hot Toddy ausprobiert zu haben.
Wie schmeckt Whisky, wenn man ihn gekühlt trinkt?
Whisky on the Rocks zu trinken, ist das Merkmal amerikanischer Filmhelden. Das mag zum einen daran liegen, dass es besonders cool wirkt, wenn die Eiswürfel im schweren Tumbler trinken. Zum anderen behaupten böse Zungen, dass amerikanischer Whiskey so schlecht ist, dass man ihn nur mit genügend Eis überhaupt trinken kann. Was macht das Eis dabei, außer zu klimpern? Die Eiswürfel kühlen den Whisky, und Kälte führt dazu, dass viele Aromen verloren gehen. Je kälter also ein Whisky, desto weniger schmeckt man von ihm. Hinzu kommt aber bei den Eiswürfeln auch noch, dass diese den Whisk(e)y unkontrolliert verwässern. Das hat dann nichts mit dem oben erwähnten Verdünnen von Whisky, um den Geschmack zu heben, zu tun.
Was passiert nun aber, wenn man Whisky auf 5 bis 10 Grad Celsius herunterkühlt? Einige Aromen werden durch die kalten Temperaturen eingeschlossen und kommen so also beim Trinken gar nicht (richtig) zur Geltung. Andere Nuancen allerdings treten deutlicher hervor. Das sind vor allem die kleineren Moleküle, die häufig für würzig-pfeffrige und florale Noten sorgen. Kalter Whisky sorgt im Mund dafür, dass man Süße und Bitterkeit, aber auch die relativ neue Geschmacksrichtung Umani weniger stark wahrnimmt. Saure und salzige Aromen treten in den Vordergrund. Das heißt, dass ein Whisky kalt genossen meist etwas pikanter schmeckt. Rauchige und maritime Whiskys, wie zum Beispiel die Islay-Whiskys, könnten also durchaus von der Kälte profitieren. Sie können dies ja einmal mit einem Highland Park oder einem Whisky aus der Brennerei Oban ausprobieren.
Insgesamt jedoch überwiegen wohl eher die Nachteile, wenn man einen Whisky so kühl temperiert genießen will. So schmecken die goldenen Brände oft sehr flach. Bei einem nicht ganz so hochwertigem Blended Whisky, einem sonst sehr sprittigen Irish Whiskey wie dem Kilbeggan oder eben einem amerikanischen Bourbon muss dies aber gar nicht schlecht sein.
Nur eine Bitte haben wir an Sie. Wenn Sie den Whisky oder zumeist den Whiskey, also amerikanischen Tennessee- oder Kentucky, oder einfache Irish Blended kühl trinken wollen, dann verzichten Sie auf die verwässernden Eiswürfel. Eine kontrollierte Kühlung erreicht man auf besserem Wege durch Whisky-Steine.
Ausnahmen bestätigen die Regel – wenn Brennereien wollen, dass man Single Malt eiskalt genießt
Whisky sollte man also am besten bei Zimmertemperatur genießen. Ältere Jahrgänge profitieren sogar noch von einer höheren Temperatur um die 25 Grad Celsius. Doch, wie immer im Leben, bestätigen Ausnahmen die Regel. So empfehlen einige Brennereien bei speziellen Abfüllungen, diese eiskalt zu genießen. Das ist zum Beispiel beim Auchentoshan Single Malt Sauvignon Blanc oder auch beim Dalwhinnie Winters Gold der Fall. Ob man diesem Rat folgt, sollte der eigene Gaumen entscheiden. Wir haben es einmal ausprobiert, und beide wie empfohlen eisgekühlt (nicht mit Eiswürfeln, sondern aus der gefrorenen Flasche) zu trinken. Überzeugt waren wir nicht, aber man muss es einmal probiert haben.
Experimente mit der Whiskytemperatur
Wer seinen Whisky, vor allem die feinen Malts aus Schottland und Irland, bei Zimmertemperatur (18 bis 22 Grad Celsius) trinkt, liegt auf jeden Fall nicht falsch. Auch leichte Abweichungen von 3 Grad Celsius nach oben oder unten sind durchaus bei so manchem Whisky gar nicht so schlecht, um mehr und andere Aromen zu schmecken.
Manche Scottish Blends schmecken wie ein Bourbon auf Eis besser als bei Zimmertemperatur. Zur besseren Kontrolle der Temperatur und der Trinkstärke des Whiskys sollte man aber lieber mit Whisky-Steinen kühlen und mit einer Whisky-Pipette verdünnen, als sich den schmelzenden Eiswürfel hinzugeben. Bei alten und komplexen Single Malt aber verbietet es sich, den Whisky zu stark herunter zu kühlen. Dabei verlieren sich zu viele der Aromen, die sich über die Jahre in den Fässern gebildet haben.
Und jetzt wünschen wir Ihnen viel Freude beim Experimentieren und wie so oft eine Handbreit Whisk(e)y im Glas.