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Eine kurze Geschichte…des japanischen Whiskys

Beruehmter großer shinto torii - Miyajima, Japan.
Berühmter großer shinto torii – Miyajima, Japan.

Japanischer Whisky liegt im Trend, und nicht wenige zählen Japan zu den fünf großen Whisky-Ländern der Welt. Immer häufiger sieht man japanischen Whisky in den Spirituosenregalen. Sie heimsen Lob und Preise großer Whisky-Kenner und Experten ein, werden in Büchern und Fachzeitschriften gelobt. Dabei ist Japan eher bekannt als das Land des Sake und des traditionellen Shōchū.

Doch in den letzten Jahren hat japanischer Whisky einen solch starken Aufwind bekommen, dass schon jetzt viele Abfüllungen mit Altersangaben absolute Raritäten sind. Wie der Japanese Whisky so bekannt und beliebt werden konnte, zeigt ein Blick auf seine Geschichte, die zwar hier im Westen erst zu Beginn des 21. Jahrhunderts wahrgenommen wurde, aber schon weit vorher begann.

Wie der Whisky nach Japan kam – die Vorgeschichte

Die japanische Landwirtschaft ist vom Reisanbau geprägt. Doch es gibt zwei Gegenden, in denen es dem Reis zu kühl ist: das nördliche Hokkaido und die Insel Honshu. Hier bauen die Japaner auch Weizen und Gerste an, und zwar schon seit einigen Jahrhunderten. Bereits 1870 begann man mit den ersten Versuchen Whisky zu brennen. Nach schottischer Tradition sollte es natürlich sein. Woher die Japaner wussten, wie das geht, liegt daran, dass nach der Meiji-Restauration das Land nicht mehr abgeriegelt war. Viele Japaner wurden in ferne Länder entsandt, um dort zu lernen und zu studieren.

Die Kultur, die Produkte und die modernen Wissenschaften vor allem der Europäer zogen die Japaner in ihren Bann. Neben Verwaltungs- und Erziehungsmethoden, Wirtschaftsprozessen und wissenschaftlichen Erkenntnissen brachten sie so auch Produkte aus dem westlichen Ausland nach Japan. Den Whisky lernten sie in Schottland kennen, weswegen der japanische Whisky bis heute nach schottischem Vorbild gebrannt wird.

ShinjiroTorii und Masataka Taketsuru – die Wegbereiter des japanischen Whiskys

Mit der Geschichte des japanischen Whiskys sind vor allem zwei Namen eng verbunden. ShinjiroTorii und Masataka Taketsuru waren es, die den Weg bereiteten. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gründeten sie ihre Whisky-Brennereien, die beide heute noch die größten und bekanntesten Destillerien Japans sind: Suntory und Nikka. Der Weg beider begann gemeinsam, aber sie sollten nicht lange an einem Strang ziehen.

Alles begann damit, dass Masataka Taketsuru im Jahr 1918 nach Schottland ging, um dort Chemie zu studieren. Das raue, aber wunderschöne Land begeisterte ihn und neben den Geheimnissen der Chemie lernte er auch seine zukünftige Frau, eine Schottin, kennen. Geschwind wurde geheiratet und Taketsuru begann eine Ausbildung bei der Hazelburn-Brennerei, denn auch der Whisky hatte es ihm angetan.

Zurück in Japan trifft er auf Shinjiro Torii, der sich schon in der Kunst des Weinkelterns versucht hatte. Allerdings wohl mit mäßigem Erfolg, aber schon hier beginnt die Geschichte des japanischen Whiskys und vor allem die der beiden großen Namen, die damit verbunden sind, ominös, undurchsichtig und zwiegespalten zu werden. Auf der Webseite von Suntory, der Brennerei, die aus der ersten Zusammenarbeit der beiden hervorging, steht nämlich geschrieben, dass Torij durchaus äußerst erfolgreich im Keltern von Wein war, und dieser sehr schmackhaft gewesen sein soll.

Ob es nun das Geld aus dem Wein-Erfolg war, oder ob Taketsuru dieses einbrachte, Fakt ist, dass beide gemeinsam eine Whisky-Brennerei in Kotobukiya eröffneten. Es war die erste ihrer Art, aber es sollte bei weitem nicht die letzte sein. Es dauerte eine Weile, bis aus dieser Brennerei der erste authentische japanische Whisky hervorging. 1929 war es soweit und der Suntory Whisky Shirofuda erblickte das Licht der Welt. Er sollte sich mit den Scotch Whiskys messen könne, doch war kein großer Erfolg. Erst mit dem Kakubin gelang der Durchbruch, denn dieser konnte sich durchaus sehen lassen. Bei Suntory schreibt man diesen Erfolg Torij zu, bei Nikka liest es sich etwas anders.

Rita – die Mutter des japanischen Whiskys

Beim zweiten weltbekannten japanischen Whisky-Riesen Nikka beruht der Erfolg des japanischen Whiskys nicht auf den Künsten und dem Wirtschaftswissen von Torij, sondern auf dem Können von Taketsuru und vor allem dem Einfluss seiner schottischen Ehegattin. Nikka erzählt nicht nur, dass Taketsuru seine Studien als Master Blender in Schottland abschloss, sondern auch, dass seine Ehefrau Jessie Roberta Cowan, kurz liebevoll Rita genannt, einen wesentlichen Einfluss auf die Genese des japanischen Whiskys hatte.

40 Jahre lang unterstützte sie ihren Ehemann, wo es nur ging bei seinen Geschäften und Versuchen. Die Japaner messen ihrem Einfluss einen so hohen Wert zu, dass man sie auch „Die Mutter des japanischen Whiskys“ nennt, zumindest bei Nikka. Die tatkräftige Hilfe von Rita, die es als Ausländerin in Japan vor allem in der Zeit des Zweiten Weltkrieges nicht einfach hatte, mag stimmen. Sagt man doch, hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine kluge und tatkräftige Frau. In Japan gibt es sogar eine Fernsehserie über Rita, die sehr beliebt ist.

Wie viel Wahrheit nun in beiden Geschichten ist, kann man im Nachhinein nicht genau sagen. Manchmal ist eben auch die Geschichte des Whiskys eine Geschichte von Marketing-Experten. Allerdings ist eines gewiss, die beiden Pioniere des japanischen Whiskys waren sich nicht einig und gingen bald getrennte Wege. Während Torji auf seinem Standpunkt beharrte, weiter in Kotobukiya auf Honshu zu destillieren, wollte Taketsuru in eine Gegend, die dem schottischen Klima ähnelte. Im Jahr 1934 gründete er seine eigene Whisky-Brennerei Yoichi auf der Nordhalbinsel Hokkaido. Er nannte sein Unternehmen Dainnippokaju, später kurz nur noch Nikka.

Die Zeit des wirtschaftlichen Wandels

Die ersten Brennereien und Whisky-Experimente in Japan kamen zu einer denkbar ungünstigen Zeit. Der Erste Weltkrieg, die Weltwirtschaftskrise, der Krieg zwischen China und Japan und dann noch 1941 der Eintritt Japans in den Zweiten Weltkrieg beutelten die Welt und auch Japan. Kurios ist, dass im Zweiten Weltkrieg die Whisky-Industrie dennoch einen besonderen Status erhielt. Während das Volk hungerte, wurde fleißig Getreide zu Whisky verarbeitet. Als Stärkung, zur Motivation oder zur Benebelung des Geistes wurde der Whisky vor allem an die japanische Marine geliefert. Vor allem Nikka kam das zugute, denn das Unternehmen hatte in den 1930-er Jahren schwere Verluste gemacht.

Nach dem Zweiten Weltkrieg sollte es wieder das Militär sein, welches die japanische Whisky-Industrie rettete. Dieses Mal waren es die Soldaten der Besatzungsmacht USA, die dem Whisky zusprachen. Sie tranken aber nicht ihren eigenen Bourbon, sondern ließen den heimischen japanischen Whisky die Kehlen herunterfließen. Kaum ging es dem Volk wieder besser, sollte die Jugend Japans ihren Kummer über die traurige Geschichte der aufstrebenden Weltmacht in Whisky ertränken. In den 1950-er Jahren gab es Unmengen an sogenannten Tory-Bars, in denen vor allem Büroangestellte ihren Salarymen mit Whisky genossen. Heute würde man bei uns wohl After-Work-Drink sagen.

Vom Whisky zum Cocktail

Doch diese Hochkonjunktur des Whisky in Japan war nicht von Dauer. Durch Auslandsreisen kamen andere Getränke in Mode. Hinzu kam, dass immer mehr Frauen in die Arbeitswelt einstiegen, die zusammen mit der neuen Jugend so ganz und gar nicht auf das „Alt-Herren-Getränk“ Single Malt Whisky standen. Cocktails und fruchtige Getränke waren es, die nun beliebt waren. Der japanische Whisky verstaubte in den Regalen der Bars und Restaurants, während die einen Cocktails schlürften und die anderen lieber echten schottischen Whisky tranken.

Japan im Gai Atsu – der Weg in die weite Welt

Dass der japanische Whisky nun seit der Jahrtausendwende wieder zurück ist und nach und nach die ganze Welt erobert, liegt wohl an einer Besonderheit der japanischen Wirtschaft und Kultur. Man nennt dies den „gai-atsu“. Dieses Wort meint, dass Japan immer Druck von außen braucht, um zu Höchstleistungen angespornt zu werden. Der schwere Niedergang des japanischen Whiskys spornte die Hersteller an, ihr Getränk zu verbessern und anzupassen. Treibende Personen in den Brennereien begannen damit, nicht nur nach traditionellem Vorbild zu destillieren, sondern sich vor allem auf die Kunst des Blending einzulassen.

Neben immer noch ausgezeichneten Single Malts sind Blended Malt und Blended Whisky das Geheimnis des Whisky aus Japan. Die japanischen Whiskys wurden sehr vielfältig bei hoher Qualität. Immer noch dominieren die beiden Pioniere Suntory und Nikka den Markt. Sie haben aber so viele unterschiedliche Whiskys im Portfolio, dass man denken könnte, mehrere Dutzend Brennereien würden Japan überfluten. Verschiedene Hefetypen, unzählige unterschiedliche Fasstypen, importierte gemälzte Gerste und die Anpassung an den japanischen Geschmack (etwas leichter, weniger Alkohol und sanfter) sind es, die den japanischen Whisky so gut machen, dass er nicht nur den Japanern, sondern zufälligerweise auch vielen Whisky-Liebhabern und Einsteigern in die Whisky-Welt außerordentlich gut schmecken.

Tipp: Eine kleine Übersicht und die besten Whiskys aus Japan haben wir hier zusammengestellt.

Und jetzt wünschen wir viel Spaß beim Probieren und wie so oft immer eine Handbreit (japanischen) Whisky im Glas.


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