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Was bedeutet die Altersangabe auf Whiskyflaschen?

Altes Fass mit Jahresstempel.

Je älter ein Whisky ist, desto besser schmeckt er? Deswegen sind die Altersangaben auf den Flaschen für die meisten Whisky-Liebhaber ein wichtiges Kriterium bei der Kaufentscheidung. Aber stimmt das so grundsätzlich wirklich? Immerhin gibt es nicht nur Whisky mit Altersangaben wie 12 Jahre, 18 Jahre, 21 Jahre, 30 Jahre und mehr auf dem Markt, sondern auch sehr viele NAS-Whiskys, also Whiskys ohne Altersangabe. Wir gehen der Frage nach, welche Altersangaben es beim Whisky gibt, wie alt Whiskys ohne Altersangabe sind, und warum es immer mehr NAS-Whiskys zu kaufen gibt.

Was besagt die Altersangabe auf einem Whisky?

Die Altersangabe auf einem Whisky bezieht sich auf die Reifezeit im Fass. Hier bekommt der goldene Brand seine Farbe und sein ganz besonderes Aroma. Der Whisky lagert oft viele Jahre in den Fässern, nimmt dabei die Aromen des Holzes, des vorherigen Inhalts und auch ein bisschen der Umgebung auf. Zwischen 60 und 80 Prozent des Geschmacks eines Whiskys bildet sich im Fass, sagt man.

Eingelagerte Bourbonfässer.

Nachdem die schottische und irische Whiskyindustrie nach einer schweren Zeit der ersten Hälfte das 20. Jahrhunderts langsam begann sich zu erholen, fand man immer mehr Zahlen auf den Etiketten der Whiskyflaschen. In den 1960er Jahren begann dies, in den 1970ern erlebte die Zahl 12 einen wahren Hype. 12-jähriger Single Malt aus Schottland und in Teilen aus Irland war beliebt. Das Besondere an diesen Tropfen war, dass sich teils sehr viel ältere Whiskys in diesen Single Malts fanden. Nach Jahren der geringen Nachfrage waren genügend alte Fässer in den Lagern der Whiskybrenner, die gemeinsam mit den 12-Jährigen eine wunderbare Liaison eingingen. 

Wie alt ist Whisky mit Altersangabe wirklich?

Warum ältere Whiskys als nur 12-Jährige, fragen Sie sich vielleicht? Nun, das liegt an den Regularien, die für Whisky an sich und der Altersangabe gelten. Zunächst ist festgelegt, dass ein schottischer Single Malt mindestens 3 Jahre und einen Tag im Fass gereift sein muss. Dies führte die Scottish Whisky Association ein. Der Hintergrund damals war weniger die Qualitätssicherung, sondern die Regulierung der Menge des angebotenen Whiskys. Doch ganz fernab der Qualität wurde die Mindestlagerung auch nicht gesetzt, denn in den drei Jahren der Reifung verflüchtigen sich die meisten Fehlnoten, die bei der Destillation entstehen können. 

Single Malts sind mit Ausnahme der Single Cask-Abfüllungen immer eine Mischung aus Destillaten verschiedener Fässer einer Brennerei. Im Gegensatz können für einen Blended Malt Whiskys verschiedener Brennereien miteinander verheiratet werden.

Der jüngste Single Malt bestimmt das Alter

Nun kommt die zweite Vorschrift ins Spiel. Füllt man einen Single Malt aus verschiedenen, und meist eben auch verschiedener Jahrgänge ab, so muss die Brennerei immer das Alter des jüngsten Whiskys darauf schreiben. Als der Single Malt von den Genießern nach einigen Jahren der American Whisky-Schwemme wieder beliebter wurden, hatten die Brennereien sehr viele alte Whiskys auf Lager. So war es keine Seltenheit, dass in einem 12-Jährigen die meisten Whiskys deutlich älter als 12 Jahre waren. Der relativ junge Single Malt aber bestimmt die Angabe des Alters.

Mit den Jahren wurde die Altersangabe auf den Flaschen zu einem Qualitätsmerkmal. Nur alte Single Malts galten und gelten teilweise heute noch als guter Whisky. 12-jährige, 15-jährige und 18-jährige Single Malts wurden zum Inbegriff eines guten Whiskys. Das verwundert nicht, da die meisten Brennereien ihren Whisky im Mittel 10 Jahre reifen lassen, ehe er in die Faschen kommt. Die samtige Struktur, der volle Körper mit vielen verschiedenen, oft nur in Nuancen vorhandenen Noten und die tiefe Komplexität bestimmten den Geschmack einer ganzen Generation. 

Wie alt sind Jahrgangswhiskys?

Jahrgangswhiskys oder Vintage-Abfüllungen werden von den Brennereien meist nicht nur mit einem wohlklingenden Namen, sondern auch mit einer direkten Jahreszahl gekennzeichnet. Diese Single Cask-Whiskys sind keine Verheiratung verschiedener Jahrgänge wie sie in den Single Malts zu finden sind. Hier sind wirklich nur Whiskys enthalten, die aus Fässern dieses Jahrgangs stammen. Daher brauchen diese Schätze auch gar keine Altersangabe, da alle verwendeten Whiskys gleich alt sind. Den jüngsten zu kennzeichnen, macht in diesem Fall keinen Sinn.

Warum gibt es auch Whisky ohne Altersangabe?

In den letzten Jahren gibt es den Trend, dass nicht nur Blended Whisky, sondern auch Single Malt mehr und mehr ohne Altersangabe auf den Markt kommt. Diese Whiskys nennt man NAS-Whiskys, also „No Age Statement“-Whiskys. Aber warum gibt es NAS-Whisky, wenn doch die Altersangabe für die Kunden ein so wichtiges Qualitätsmerkmal ist? Der Grund liegt in der dauerhaft hohen Nachfrage nach vor allem Single Malt aus Schottland. Hatten die Brennereien noch bis in die hohen 1990er Jahre genügend Vorräte an sehr alten Whiskys in den Warehouses, begannen diese nun zu schwinden. Die jährlichen Berichte der Scottish Whisky Association (SWA) zeigen dies deutlich.

Whisky ohne Altersangabe – Lösung für ein Dilemma

Die Whiskybrenner befanden sich nun in einem Dilemma. Um dem bisher als 12-Jährigen vermarkteten Single Malt die nötigen Aromen und Tiefen zu geben, mussten sie auf deutlich jüngere Fässer, zum Beispiel ein 7-Jähriges zurückgreifen. So kam der gewohnte Grundgeschmack in den Single Malt, aber laut der Regularien hätte man nun 7 Jahre statt 12 Jahre auf das Etikett schreiben müssen. Doch wären die Whisky-Liebhaber mit einem 7-Jährigen zufrieden, waren sie doch nun so geprägt, dass schon ein Zehnjähriger als leichter, frischer und junger Whisky galt? Dies allein war schon ein Grund, zu überlegen, sich von den Altersangaben zu entfernen.

Dazu kommt, dass im nächsten Jahr vielleicht ein anderes Fass mit wiederum einem anderen Alter, vielleicht ein 9-jährige Single Malt verwendet werden muss, um den typischen Geschmack der Brennerei zu bekommen. Dann hätte sich das Produktportfolio schon wieder um eins erhöht, nämlich den 9-Jährigen. Das verwirrt nicht nur die Konsumenten, sondern bedeutet auch, dass man jedes Mal neue Etiketten drucken muss. Die Lösung vor allem für die Angst vor einem Absatzverlust war, die Altersangabe nun einfach wegzulassen.

Ab den 2000ern spürte man diese Entwicklung deutlich auf dem Whiskymarkt. Viele Brennereien begannen damit, ihren Whiskys Namen zu geben, statt ein Alter anzugeben. Es gab zunächst die Batch-Abfüllungen, die sogar richtig gut bei den Konsumenten ankamen. Ein bekanntes Beispiel ist der Aberlour a’bunadh. Es ging weiter mit Sonderabfüllungen, Limited Editions, die gar als Reihe herauskamen, begeisterten die Whisky-Liebhaber – und wieder stand kein Alter auf der Flasche. Macallan ist hier mit seiner The Quest Collection ein bekannter Vorreiter.

Wie alt sind NAS-Whiskys?

Über das genaue Alter von NAS-Whiskys kann man nur spekulieren. Ähnlich wie bei den Whiskys mit Altersangabe, weiß man hier auch nicht, welcher Whisky in welchem Alter sich in welchen Anteilen nun in der Flasche befinden. Man kann aber davon ausgehen, dass sich oft recht junge Whiskys in den Abfüllungen ohne Altersangabe befinden. Ist das nun ein Zeichen von schlechterem Geschmack?

Nein! Junge Whiskys können einen sehr kräftigen und frischen Charakter in einen Whisky bringen. Dies ist in den letzten Jahren bei Whisky-Trinkern durchaus beliebt geworden. Denn Whisky trinkt man nicht mehr nur in einer Gentleman-Runde am Kamin mit einer Zigarre und philosophischen Gesprächen. Whisky ist zu jeder Jahreszeit und in jedem Ambiente beliebt. Ein guter Sommerwhisky auf der Terrasse nach dem Grillen, ein frischer Frühlingswhisky, um das Erwachen der Natur zu begrüßen oder ein Whisky als Digestif nach einem kräftigen Mahl im Herbst-Whisky ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen.

Außerdem werden stark rauchige Whiskys immer beliebter. Hier tut einer intensiven Rauchnote ein relativ junges Fass richtig gut. In jungen Jahren kommen die torfigen und rauchigen Aromen besonders stark zur Geltung. Mit dem Alter nehmen diese intensiven Töne etwas ab und vermählen sich mit anderen Noten zu einem sehr weichen und komplexen Aroma. Der Rauch tritt mehr und mehr in den Hintergrund. Daher findet man bei rauchigen Whiskys auch viel häufiger Altersangaben im zweistelligen Bereich, wie den Lagavulin 8 Jahre, oder eben gar keine Altersangabe wie beim exzellenten Ardbeg Uigeadail. 

Auch beim NAS-Whisky findet man besonders guten, Mittelmaß oder auch mal ein Fläschchen, welches nicht ganz so gut mundet. Oftmals bringen aber NAS-Whiskys ganz besondere Features mit sich. Das sind zum Beispiel besondere Finishes in speziellen Holzfässern, die dem Single Malt eine ganz eigene Note geben.

Double, Triple und Quarter Casks – Die Besonderheiten der Nachreifung 

Die Reifung von Whisky in verschiedenen Fässern wird immer beliebter, Kannte man vor einigen Jahren nur Nachreifung im Sherry-Fass, um dem Single Malt eine schöne Süße. den Eindruck von Nüssen und die Aromatik der Trauben mitzugeben, experimentieren die Brennereimeister heute mit sehr vielen unterschiedlichen Fasstypen. Es wird in Madeira-Fässern, in Rum-Fässern, in Rotwein-, sogar Weißweinfässern nachgereift. Diese Double Wood, Triple Cask oder Quarter-Cask-Abfüllungen sind typisch für NAS-Whiskys.

Hier würde es auch besonders schwierig werden, die Whiskys mit Altersangaben zu versehen. Das liegt daran, dass je nach Zahl der Refills sich die Reifezeiten stark verändern. Reift ein Single Malt in einem frischen First-Fill-Fass nach, hat er teilweise schon nach drei Monaten die Aromen in dem gewünschten Maß aufgenommen. Ist es vielleicht schon viermal verwendet worden, dann ist vielleicht schon eine Nachreifung von 11 Monaten und mehr notwendig. Mit einer Altersangabe würde ein Johnnie Walker Double Black, ein Aberlour Triple Cask oder ein Laphroaig Quarter Cask also mit jeder Abfüllung eine neue Altersangabe bekommen müssen. Allerdings gibt es auch genügend Abfüllungen mit speziellem Finish, die eine Altersangabe tragen. 

Trend – Wird es bald wieder mehr Whiskys mit Altersangabe geben?

Wird Whisky ohne Altersangabe nu zum Standard? Zum einen ist zu beobachten, dass mehr und mehr NAS-Whiskys auf den Markt kommen. Diesen Trend muss man wohl akzeptieren. Das heißt nicht, dass der Whisky insgesamt an seiner Qualität verliert. Zum anderen berichten Brennereien und Whisky-Experten davon, dass sich die Bestände nach und nach erholen. Seit der verstärkten Nachfrage nach Whisky sind nun schon ein paar Jahre vergangen. so dass die Brennereien die Chance hatten, wieder Bestände mit älteren Fässern aufzubauen. Bis diese in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen werden, vergeht sicher noch einige Zeit. Aber man darf erwarten, dass noch in diesem Jahrzehnt so einige ältere Abfüllungen wieder den Weg in die Whisky-Gläser finden werden.

Allerdings wird sich auch der NAS-Whisky halten. Da er in keiner Weise ein Synonym für schlechten Whisky ist, gibt es auch keinen Grund für die Brennereien, von dieser Art der Präsentation ihrer Single Malts wieder abzuweichen. Die Jahre mit verringerter Altersangabe führen vielleicht auch wieder zu einem Umdenken unter den Whisky-Liebhabern. Denn am Ende zählt nicht, ob 18 Jahre oder 15 Jahre auf einer Flasche Single Malt steht, sondern wie sie schmeckt!


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